G.I.B.: Welche Aufgaben hat die Arbeitsgruppe „Gender & Diversity“ in der G.I.B.?
Victoria Schnier: Wir möchten sicherstellen, dass innerhalb unserer Organisation Vielfalt wertgeschätzt und gefördert wird. Zudem möchten wir in den Förderprogrammen, deren Umsetzung wir fachlich begleiten, die Themen Gender und Diversity verankern. Unsere Arbeitsgruppe organisiert interne Workshops und Weiterbildungen. Wir analysieren unsere internen Prozesse und Strukturen und begutachten unsere externen Angebote hinsichtlich Diversitäts- und Gleichstellungsaspekten. Wir wollen eine Diversity-Strategie entwickeln, die uns alle anregen soll, Diversity bewusst zu implementieren.
Wie ist die Arbeitsgruppe organisiert?
Victoria Schnier: Die Arbeitsgruppe hat sich im April 2020 neu konstituiert. Schon seit Jahren wird in der G.I.B. an den Themen gearbeitet. Damit wir unsere eigene Organisation besser verstehen lernen, haben wir geschaut, was in unseren Abteilungen bereits umgesetzt wird. In vielen Angeboten sind Vielfaltsaspekte bereits enthalten, auch wenn es nicht immer ausdrücklich so benannt wird.
Uns ist wichtig, in der G.I.B. eine feste Arbeitsgruppe mit klaren Zuständigkeiten zu haben. Die Arbeitsgruppe ist mit Mitgliedern aus allen Abteilungen besetzt, möglichst gemischtgeschlechtlich mit jeweils zwei Entsandten. So sind in der AG alle fachlichen Perspektiven vertreten. In Unterarbeitsgruppen bearbeiten die Kolleg*innen dann jeweils spezifische Inhalte. Dadurch haben wir feste Zuständigkeiten in allen Abteilungen und gleichzeitig auch Lots*innen für die Themen Gender und Diversität, die diese Perspektive immer wieder in die Arbeit der Abteilungen einbringen.
Warum brauchen Organisationen Arbeitsgruppen für das Thema Diversität?
Victoria Schnier: Die Herausforderungen rund um Gender und Diversity gehen alle Menschen in jeder Organisation an. Sie sollten daher konsequent und strategisch berücksichtigt werden. Wir bewerten es als ein Querschnittsthema, das in allen Bereichen der Arbeit enthalten ist und bewusst bearbeitet wird. Wir haben uns dafür das „Go“ der Geschäftsleitung eingeholt. Das ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um das Thema in der eigenen Organisation ernsthaft voranzubringen.
Britta Tigges: In vielen Betrieben ist derzeit die Fachkräftesicherung ein Riesenthema. Es geht dort unter anderem um Potenziale, die noch nicht gehoben wurden. Mich erstaunt, dass manche Arbeitgeber*innen glauben „das läuft schon alles von allein“. Gleichstellung und die Förderung von Vielfalt laufen aber nicht von allein. Dass sich immer noch einige Menschen über gendergerechte Sprache aufregen, ist ein Beispiel dafür, dass wir uns nach wie vor in einem Lernprozess befinden. Deshalb ist es unsere Aufgabe, uns alle weiter zu sensibilisieren.
Wie bearbeiten die einzelnen Abteilungen der G.I.B. Vielfalt und Gender?
Katja Nink: In unserer Abteilung Arbeitsgestaltung und Fachkräftesicherung befassen wir uns mit der Sensibilisierung für Gender- und Diversity-Themen, der gendersensiblen Sprache und der Verankerung in verschiedenen Förderprogrammen. Es geht darum, wie wir sicherstellen, dass unsere Zielgruppen gut erreicht werden. Wir brauchen Informationen in sehr vielen unterschiedlichen Sprachen, sollten in unterschiedlichen Medien präsent sein und vor Ort die Menschen persönlich ansprechen und einladen. Das ist auch eine Frage des verfügbaren Budgets. So gibt es etwa auch nicht „die eine Gruppe“ von Migrant*innen. Sofern ein politischer Wille darin besteht, die Menschen in ihrer sozialen und kulturellen Herkunfts- und Sprachenvielfalt wirklich zu erreichen, ist es notwendig, differenzierte Angebote zu schaffen.
Dörte Koch: Das Ziel unserer Abteilung Jugend und Beruf ist, gleiche Zugänge und klischeefreie Berufsorientierung für alle zu schaffen. Es geht uns auch darum, auf mögliche strukturelle Diskriminierung und gesellschaftliche Barrieren auf dem Ausbildungsmarkt hinzuweisen und zugleich die Chancen von Gendervielfalt in der Attraktivitätssteigerung der Berufsausbildung aufzuzeigen. Das bezieht sich gleichermaßen auf unsere Begleitung der Kommunalen Koordinierungsstellen wie auch auf die fachliche Begleitung verschiedener Förderprogramme im Bereich der beruflichen Orientierung oder der Berufsvorbereitung. Die „Aktion 100 Ausbildungsplätze“ ist beispielsweise ein Landesprogramm mit dem Ziel, zusätzliche Ausbildungsplätze für Menschen mit Behinderungen in NRW zu organisieren. Operativ fließt Gender und Diversity in unsere Planung, Organisation sowie Durchführung von Veranstaltungen und Workshops auf Landes- und kommunaler Ebene ein. Für die interne Weiterqualifizierung gehen die Themen regelmäßig in Kollegiale Fallberatungen und verschiedene interne Schulungen ein.
Welche konkreten Maßnahmen finden innerhalb der G.I.B. statt?
Victoria Schnier: Eine Arbeitshilfe für gendergerechte Sprache, die wir selbst erarbeitet haben, bietet uns Orientierung bei der Erstellung von Publikationen. Wir schreiben niemandem vor, wie er oder sie interne E-Mails formuliert. Aber wir möchten als Organisation eine klare gendersensible Haltung nach außen zeigen.
Alle neuen Beschäftigten erhalten auch ein Selbstlernheft zum AGG, also dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, das sie durcharbeiten müssen. Dieser Vorgang wird mittlerweile von der Personalabteilung nachgehalten, damit wir sicherstellen, dass mehr Wissen in der Organisation generiert wird. Zudem lassen wir uns als Arbeitsgruppe zum AGG schulen.
Britta Tigges: Für unsere öffentlichen Seminare haben wir in der G.I.B. das Anmeldeverfahren umgestellt und weitere Geschlechtsoptionen aufgenommen. Auch das ist ein Signal nach außen. Zudem sehen wir unsere Aufgabe darin, zur Weiterarbeit in den Abteilungen zu motivieren. Denn die inhaltliche Arbeit findet da ja fortlaufend innerhalb der Begleitung der Förderprogramme statt.
Welche Diversity-Dimensionen bearbeitet die Arbeitsgruppe aktuell?
Victoria Schnier: Wir befassen uns zurzeit mit Gender-Fragen sowie mit der Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt. Dazu gehört die interkulturelle Öffnung und Qualifizierung von Betrieben und der Arbeitsverwaltung. Zukünftig würden wir gerne das Thema „Alter“ verstärkt in den Blick nehmen. Ebenso ist die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ein relevantes Thema für die G.I.B. Und die verschiedenen arbeitsmarktpolitischen Programme sprechen auch ganz gezielt bestimmte Zielgruppen an, wie beispielsweise Menschen mit körperlichen oder psychischen Einschränkungen. Was brauchen sie und wo liegen die Hürden in den Betrieben?
Wir finden es sehr wichtig, intersektionale Aspekte beim Managen von Vielfalt zu beachten, also Mehrfachdiskriminierungen. Zum Beispiel ergeben sich für Frauen und Männer mit einer Behinderung unterschiedliche Beeinträchtigungen. Oder Kopftuch tragende Frauen sind schwieriger in Ausbildung zu vermitteln als Männer mit derselben Religion. Es ist zu wenig, ein einziges Merkmal als alleiniges Vermittlungshemmnis zu sehen. Sondern wir müssen noch differenzierter hinschauen und die Mehrdimensionalität zum Beispiel auch in Statistiken abbilden, um Ungleichbehandlung zu vermeiden.
Wie hängen Diskriminierungen mit Vorurteilen seitens der Arbeitgeber zusammen?
Britta Tigges: Alle Betriebe sollten sich selbst fragen, welche Vorurteile sie gegenüber bestimmten Menschen haben: Für welche Zielgruppen sind wir eigentlich interessant und attraktiv? Leben wir tatsächlich eine Willkommenskultur? Wie nehmen wir Menschen mit beispielsweise Flucht- und Migrationshintergrund in der Organisation auf? Bei uns im Unternehmen gibt es zwei Kolleg*innen aus dem Betriebsrat, die unsere Ansprechpersonen sind für die Themen Antidiskriminierung, AGG und Gleichstellung. Es ist für alle Mitarbeitenden wichtig zu wissen, wohin sie sich, außer an unsere Arbeitsgruppe, wenden können.
Inwieweit denkt der Europäische Sozialfonds, der ESF, das Thema Diversity mit?
Victoria Schnier: Der Europäische Sozialfonds beinhaltet Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt und Nichtdiskriminierung als Querschnittsthemen. Damit ist gemeint, dass der ESF auch zur Überwindung von Diskriminierung und gesellschaftlicher Ausgrenzung beitragen sollte. Antragstellende sind bei der Beantragung von Fördermitteln dadurch angehalten, diese Aspekte zu berücksichtigen. Ich bin überzeugt, dass wir noch bessere und zielgenauere Angebote schaffen können, wenn wir bereits im Förderantrag und in der Konzeption bewusst gender- und diversitätssensibel vorgehen.
Was plant die Arbeitsgruppe in Zukunft?
Victoria Schnier: Eine interne Veranstaltung zu „Unconscious bias“, für die Beschäftigten der G.I.B. soll das Thema „unbewusste Vorurteile“ stärker in den Vordergrund rücken. Denn Diversity Management ist letztlich Organisationsentwicklung und unser Ziel ist es, uns praktisch und konzeptionell weiterzuentwickeln. Wir verschriftlichen auch einen internen Anforderungskatalog, der beschreibt, was wir zukünftig strategisch in Sachen Vielfalt implementieren wollen.
Britta Tigges: Dazu schauen wir uns unterschiedliche Themen wie Personalrekrutierung, Arbeitsbedingungen, Zusammenarbeit und Kommunikation an. Daraus entwickeln wir schließlich konkrete Aufgaben, um die Entwicklung in Richtung einer gender- und diversitätssensiblen Organisation zu befördern.
Interview und Text
Ansprechpersonen in der G.I.B.
Victoria Schnier
Abteilung Zielgruppenintegration und SGB II-Begleitung
Tel.: 02041 767159
v.schnier@gib.nrw.de
Abteilung Zielgruppenintegration und SGB II-Begleitung
Tel.: 02041 767159
v.schnier@gib.nrw.de
Britta Tigges
Abteilung Arbeitsgestaltung und Fachkräftesicherung
Tel.: 02041 767273
b.tigges@gib.nrw.de
Abteilung Arbeitsgestaltung und Fachkräftesicherung
Tel.: 02041 767273
b.tigges@gib.nrw.de
Beide leiten gemeinsam die AG Gender & Diversity